2014

Room for Intuition
Solo show 
Helmhaus   
26/9/14 – 16/11/14 
Zürich

Text
Simon Maurer

Jungfräuliche Malerei kann es heute nicht mehr geben. Und doch träufelt Giacomo Santiago Rogado die unverdünnte Farbe auf sieben Meter langen Leinwänden aus, wie wenn hier das erste Bild entstehen würde, was je gemalt wurde. Die unbefleckte Leinwand empfängt die Farbe unberührt. So spektakulär die farbgebende Initialgeste auf der Leinwand ihren Niederschlag findet, so langsam bewegen sich die gelösten Pigmente auf der Leinwand weiter, entwickeln ein Eigenleben, wachsen wie blühende Korallen – bis die Austrocknung ihren Weg zum Stillstand bringt. Rogados Werk entsteht zwischen Kontrolle und Zufall, zwischen Kunstfertigkeit und Natur. Der Künstler will es so: Er gibt einen Teil seiner autorschaftlichen Bildmacht ab an die Natur – und bilanziert ebenso nüchtern wie romantisch: «Ich bin ja selber auch Natur.»

Für die Ausstellung im Helmhaus ist eines der grösseren Bilder der Kunstgeschichte entstanden: Es misst knapp 60 Meter und umgibt einen Raum. Das heisst: Wer sich das Bild ansieht, steht selber im Bild, wird von ihm umfangen, wird Teil der Malerei. Einer Malerei überdies, die nicht nur ihre Betrachter vor ihr, sondern auch die Aussenwelt hinter ihr mit einbezieht, die durch die gewobene Leinwand hindurchscheint und somit Teil des Bildes wird, je nach Lichteinfall mal intensiver, mal weniger intensiv.

Rogados monumentale Metamalerei kehrt zurück zu den Anfängen der Malerei: Der Künstler leert sein Bildgedächtnis und kultiviert eine neue, staunende Ursprünglichkeit. Die letztlich dann doch seinen Vorstellungen entsprechen muss, damit sie Bestand hat. Sein Glaube an die Natur, an Magie, Alchemie und Mystik wahren ihm den Glauben an die Schönheit.



2013/14

Focal Point
Solo show 
Bellpark Museum   
23/11/13 – 12/3/14 
Kriens

Tiefenschichten der Malerei

Hilar Stadler

Mit seinen neuesten Arbeiten führt Giacomo Santiago Rogado seine konzeptuelle Malerei in Krisenzustände. Das vermeintlich Gegebene von Bildträger und Farbschicht wird in einer expressiven Geste aufgebrochen und in seine Bestandteile zerlegt, um aus dieser Erfahrung wiederum neue Bilder zu gewinnen. Er spannt die Leinwand vom Keilrahmen ab, färbt sie ein, bestreut das Leinen direkt mit Pigmenten oder verändert durch den Einsatz von Bleichmittel wiederum den Farbausdruck. Offensichtlich lässt er in seinen neuen Arbeiten das Unkontrollierbare gewähren und konfrontiert es mit dem konstruktiv Konzeptuellen, das sein Schaffen bisher prägte. Seine aktuellen Arbeiten sind aus diesen Prozessen gewonnene Momentdarstellungen, welche die Frage nach dem Abbild des Flüchtigen aufnehmen und thematisieren.

Aus dieser Erfahrung erarbeitet Rogado eine Ausstellung für das Museum im Bellpark, welche den Aspekt der Reflektion in die Form der Präsentation integriert. Durch eine installative Setzung macht der Künstler seine Malerei gleichsam räumlich erfahrbar. Unfertige Arbeiten, Fundstücke, Skizzen und 
Fragmentarisches finden in diesem Setting ihren Platz. Auch fügt Rogado Versuchsreihen unterschiedlicher Werkzustände ein, die exemplarisch die Bildwerdung seiner Malerei darlegen.

Der Künstler wählt also einen reflektierenden Zugang zum eigenen Schaffen und seinen malerischen Strategien und eröffnet dadurch einen Reflektionsraum der Malerei, in deren Tradition er sich mit seinem malerischen Werk einschreibt.

Die Ausstellung wird begleitet und ergänzt von einem Künstlerbuch, das die Auseinandersetzung mit dem Prozesshaften aufnimmt und über die Ausstellung hinaus weiterführt. Es ist in enger Zusammenarbeit des Künstlers mit der Graphik-Designerin Amanda Haas entstanden. Das Buch schreibt die experimentelle Beschäftigung mit dem Medium der Malerei und deren spezifischen Mitteln fort. Die Publikation ist angelegt als eine Art „Forschungsbericht“, der Einblicke gewährt in den Entstehungsprozess dieses Werks. Gleichzeitig eröffnet der Künstler Einsichten in ein ikonographisches Bezugssystem und verweist auf (Vor)-Bilder, welche ihm als Künstler wichtig sind. Der Künstler legt somit auch den Subtext offen, der seinem Schaffen das Fundament gibt.